KTM meldet Insolvenz an – Rabattschlacht und Schuldenberg

Seit einigen Wochen wird über die Krise von KTM berichtet. Nach dem Insolvenzantrag und der Offenlegung der Zahlen steigt der Schuldenberg weiter.
02.12.2024
| Lesezeit ca. 5 Min.
Ingo Gach
KTM
Dabei gab sich die Geschäftsführung vor einigen Tagen noch optimistisch, obwohl der Schuldenberg mit 1,8 Milliarden Euro gigantisch hoch war und der Absatz allein im ersten Halbjahr 2024 um 21,2 Prozent einbrach. KTM brauchte dringend einen Überbrückungskredit von angeblich 250 Millionen Euro, doch KTM-Boss Stefan Pierer ist es nicht gelungen, noch Geldgeber zu finden. Die Gespräche mit Bajaj Auto, die zu 49,9 Prozent an der KTM AG beteiligt sind (Pierer hält 50,1 Prozent an der Pierer Bajaj AG), haben nicht zum Erfolg geführt. Der milliardenschwere indische Konzern scheint nicht bereit zu sein, das Risiko einzugehen. Kurzzeitig kam das Gerücht auf, dass der Red-Bull-Erbe Mark Mateschitz mit einer Geldspritze einspringen würde, aber das wurde umgehend dementiert. Dabei ist Red Bull seit Jahrzehnten mit KTM durch Sponsoring eng verbunden, und Pierer hat erst dieses Jahr mit Mateschitz zusammen die PiMa Beteiligungsverwaltung gegründet. Am 25. November verkündete Stefan Pierer dann, dass KTM ein Insolvenzverfahren in Eigenregie anmelden muss – pikanterweise an seinem Geburtstag.

90 Tage Zeit für Sanierungsplan

Die Pierer Industrie AG hat am 25. November ein europäisches Restrukturierungsverfahren gemäß der Restrukturierungsordnung (ReO) eingeleitet.
Die KTM AG hat am 29. November ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung eingeleitet. Das hat die Besonderheit, dass nur bestimmte Gläubiger betroffen sind und andere Verbindlichkeiten, wie z. B. an Zulieferer, weiterhin bedient werden. KTM hat ab dann 90 Tage Zeit, mit den Gläubigern einen Sanierungsplan zu vereinbaren, dabei muss den Gläubigern aber mindestens eine Quote von 30 Prozent angeboten werden. Die KTM AG nahm diesbezüglich Stellung: „Durch eine Redimensionierung der Gruppe soll nicht nur der Bestand der KTM-Gruppe nachhaltig gesichert, sondern auch die Basis geschaffen werden, erstarkt aus dem Verfahren zu kommen.“ Auch die Tochterunternehmen KTM Components und KTM F&E (Forschung & Entwicklung) haben Insolvenz angemeldet, was mit den Marken Husqvarna, Gasgas und MV Agusta passiert, wurde noch nicht kommuniziert.

130.000 KTMs auf Halde

Die Lage ist noch viel ernster, als KTM zunächst zugeben wollte; etwa 130.000 Motorräder für rund 1,4 Milliarden Euro stehen auf Lager, manche davon noch aus den Modelljahren 2023 und 2022. KTM erwartet für 2024 ein negatives Jahresergebnis im hohen dreistelligen Millionenbereich. Die Geschäftsführung hat auf die Missstände zu spät reagiert, und erst im ersten Halbjahr 2024 die Produktion im Werk Mattighofen um 32,1 Prozent gedrosselt, leider ging das mit bislang rund 600 Entlassungen einher. KTM hat angekündigt, dass die Bänder den gesamten Januar und Februar stillstehen und die Angestellten Zuhause bleiben werden. 300 weitere Jobs werden in der Motorradmontage entfallen. Über ein Modell von freiwilligem Urlaub und Kurzarbeit sollen die meisten der rund 4.700 verbleibenden Mitarbeiter gehalten werden, die Löhne und Gehälter für November sowie das Weihnachtsgeld der Mitarbeiter können aber nicht gezahlt werden. Die Kurzarbeit von 30 statt 38 Wochenstunden zu Beginn des nächsten Jahres bedeutet für die Mitarbeiter einen Lohnverzicht von rund 20 Prozent. Im März wird die Produktion dann in einem Ein- statt Zweischichtbetrieb wieder anlaufen. Dadurch soll 2025 und 2026 die Betriebsleistung um eine Milliarde Euro sinken.
infotainment

Vier KTM-Geschäftsführer weniger

Stefan Pierer und Gottfried Neumeister

Auch an der KTM-Konzernspitze gab es einen Kahlschlag, sie wurde von sechs auf zwei Köpfe reduziert. Neben CEO Stefan Pierer bleibt noch Gottfried Neumeister, der erst im September in die Geschäftsführung berufen wurde. Allerdings verbleiben mindestens zwei weitere bisherige KTM-Führungskräfte in ihren Funktionen bei den Konzerntöchtern, so ist Hubert Trunkenpolz, Enkel des KTM-Gründers Hans Trunkenpolz, weiterhin Vorstand Brand-Management im Racing-Bereich. Alexander Pierer, Sohn des KTM-Chefs, bleibt Vorstand „Digitalisierung und Innovation“ der KTM AG und Geschäftsführer des zu Pierer Mobility gehörenden Designunternehmens Kiska. Zusammen mit Neumeister hielt Stefan Pierer am 25. November eine Ansprache per Video, in dem er sich kämpferisch gab. Er setzte dabei auf die vielen KTM-Fahrer und die Leidenschaft seiner Mitarbeiter, um die Marke zu erhalten. Neumeister sagte allerdings auch, dass sie ihre Motorräder zuverlässig und robust bauen, doch genau im Punkt Zuverlässigkeit hakte es bei den letzten Modelljahren bedenklich.

Rabattschlacht bei den KTM-Händlern

Die deutschen KTM-Händler versuchen geradezu verzweifelt, mit sehr hohen Rabatten nicht nur die aktuellen, sondern auch viele wie Blei in den Showrooms stehende Neufahrzeuge von 2023 und sogar 2022 loszuwerden. Nachlässe von bis zu 25 Prozent und bundesweite Gratisauslieferung werden angeboten. Doch den Bikes haftet der Ruf der Unzuverlässigkeit an. Es gibt erboste Kunden, die von fest gegangenen Motoren und zerbröselten Getrieben berichten. KTM hat sich selbst in eine Sackgasse gefahren, durch eine riskante Überproduktion und mangelnde Qualitätskontrolle.

Motorsport wird stark zurückgefahren

Das KTM-Firmenmotto lautet „Ready to Race“, aber hinsichtlich des Motorsport-Engagements wird es auch „brutale Einschnitte geben“, wie Motorsportchef Pit Beirer erklärte. Husqvarna und Gasgas werden nicht mehr in den einzelnen GP-Klassen teilnehmen, das MotoGP-Team von KTM soll aber erhalten bleiben. „Der Fokus im Sport wird wieder auf der Kernmarke KTM sein“, sagte Hubert Trunkenpolz. Bleibt die Frage, wie viel Geld KTM noch in der Lage ist, in die Entwicklung der RC16 und das MotoGP-Werksteam zu pumpen, um konkurrenzfähig zu bleiben. KTM hofft auf den positiven Effekt der MotoGP für den Fahrzeugverkauf, aber wenn sie keine Rennsporterfolge vorweisen können, hätte sich die Investition nicht gelohnt und das Geld besser verwendet werden können.
Deine meinung zählt
KTM in der Krise – bleibt nichts außer Miese?

Schwierige Situation

Es wird für KTM nicht leicht sein, aus der schwierigen Situation herauszukommen. Das Problem liegt nicht nur in den stark sinkenden Verkaufszahlen, sondern auch in den immensen Schulden. So musste KTM in den vergangenen Monaten viele Händler wegen der hohen Lagerbestände finanziell stützen. Vor allem aber muss KTM die 100.000 unverkauften Motorräder bald losschlagen, um überhaupt wieder liquide zu werden.

Der Schuldenberg wird höher und höher (Update vom 02.12.2024)

Nachdem am Freitag die Insolvenz in Eigenregie eröffnet wurde, kam heraus, dass KTM sogar 2,9 Milliarden Euro Schulden hat. Zu den 1,8 Milliarden Euro der KTM AG kommen noch die Verbindlichkeiten der KTM Components GmbH und KTM F&E GmbH dazu. Es sind rund 2500 Gläubiger. Allein die Banken fordern von der KTM AG insgesamt 1,3 Milliarden Euro.

Jetzt mitreden – deine Meinung zählt!
Schon dabei? und mitdiskutieren!
Ihr Kommentar wird abgespeichert...
Top-Kommentare
avatar
Hardy
01.12.2024 21:35


Die Situation ist schwierig und die Schulden enorm, jedoch nicht aussichtslos! Das Ziel einer Insolvenz in Eigenregie ist (wie in den USA unter Chapter11)  mittels Sanierungsplan, einer Business-Strategie und natürlich Kapazitätsabbau und weiterer Kostensenkung sowie einem Schuldenschnitt (unter Einbindung der Gläubiger hier zu mind.30 % der Verbindlickeiten /Aussenstände begleichen) einen neuen Start zu ermöglichen. Die Marke hat einen Wert und ein sehr gutes Image, dies wiegt viel! Ebenso ist KTM ist für Österreich eine wichtige Industrie- und Know How -Schmiede, da wird die Politik mitreden und wohl irgendwie auch helfen! Positiv denken und Daumen drücken! Grüße aus B, hier ging BMW -Motorrad auch durch viele Krisen.
1 Antwort
avatar
Erwin Hindemit
02.12.2024 23:58


BMW-Motorrad ist ein kleiner Bruchteil der BMW-Group, das ist kein Vergleich mit KTM, die sind mit fast 3 Milliarden Miesen am A...... wer sich mit 30 Prozent abfinden lässt, hat sie nicht mehr . Danke für nichts , Pierer.
avatar
02.12.2024 12:49


Hallo, 
sowas hat die Welt noch nicht gesehen....totales Versagen auf Managementebene. Der Pierer ist für mich schon immer größenwahnsinnig gewesen und nun kommt die Rechnung....leider auf Kosten der armen Mitarbeiter, die mir echt leid tun....am besten den Mann von der Position nehmen und jemand einschalten, der Ahnung hat, um vielleicht das Unternehmen zu retten. Schon alleine wegen der Mitarbeiter, die Familien ernähren müssen und vielleicht wegen Hausbau auch Schulden haben. Das Ganze zieht einen Rattenschwanz hinter sich her und nur wegen ein paar "Manager", die den Hals nicht voll genug bekommen und lieber in die eigene Tasche wirtschaften, wie es unter den Mitarbeiter zu verteilen...wenn ich schon höre, Dividenden in Millionenhöhe eingestrichen, obwohl es schon stark bergab ging...unmöglich, unverantwortlich....
avatar
gery
01.12.2024 12:39


Liegt einer am Boden dann steigen wir noch kräftig drauf. Auch ander hattenl Qualitätsprobleme und auch die haben wieder den Weg gefunden. Ein Zusammenhalten ist in der heutigen Zeit anscheinend nicht mehr möglich. Hier gibt es auch noch Mitarbeiter und Händler die um ihren Jobs bangen. Ich habe selber 2 KTM´s und nun schon die 2 Generation und hatte bis heute keine Probleme die mich von der Marke abbringen würden. In guten und schlechten Zeiten gemeinsam.
So falsch könne sie nicht gelegen sein bei den Meisterschaftstitel die sie in den letzten Jahren nach Hause gebracht haben. Und vielleicht noch zum Nachdenken für den einen oder anderen, macht ihr euren Job umsonst?
avatar
Pandi
03.12.2024 08:15


Meine 1290 SAS steht seit Monaten bei zwei verschiedenen KTM - Händlern. Zuerst in Bochum, dort wurden Späne im Öl gefunden, nachdem der Motor heftige Vibrationen hatte. Man weigerte den Motor zu öffnen, da es seitens KTM hieß, dass wäre normaler Abrieb. Dann abgeholt und nach Mechernich gebracht. Dort hieß es man wolle mir helfen, müsse aber auch erst Späne im Öl finden. Die Bochumer hatten neues aufgefüllt. Zur Zeit bin ich ratlos ob dieser grandiosen Serviceleistung. Im übrigen ist das Motorrad aus Februar 2024 und in Vollgarantie.
Ein Schelm wer übles dabei denkt...
avatar
Böser Denker
04.12.2024 07:17


Der Chef ist Multimilliardär.
Warummkann der nicht an sein Vermögen und was einzahlen?

Lieber die kleinen entlassen und Familien zerstören.

Es sollte per Gesetz sonsein das wenn der Chef scheiße baut ihm sein Vermögen entzogen wird um das Unternehmen zu sanieren.

Schließlich ist er in der Verantwortung
avatar
03.12.2024 10:38


Ich fahre seit 2018 die 1290 SAS mit nun 85.000 km. Bis auf einen defekten Blinkerschalter gab es nichts. Also bisher Problemloses Bike. Dieses Bike, dieser RC8 Motor, der Hammer. Die Situation, in der KTM jetzt ist, warum auch immer, ist sehr schade und eine Katastrophe für die Mitarbeiter aber auch wohl längerfristig für die KTM Händler. Was soll man nun machen wenn man plant, eine KTM zu kaufen? Jetzt mit Nachlässen zuschlagen? 3-4 Monate warten um zu sehen, wie es weitergeht? KTM den Rücken kehren? Wenn diese Bikes nicht so geil und voller Emotionen wären würde ich wieder BMW GS fahren, wie 26 Jahre davor! Ich werde wohl warten und wirklich hoffen, dass es weitergeht. Denn ohne diesen geilen RC8 Motor kann ich mir momentan noch kein Motorrad vorstellen.
avatar
Ktmbike007
02.12.2024 20:22


Stehe zu 100% hinter Dir,bin immer gerne ktm gefahren aber die garantieabwicklung geht so nicht,der Kunde ist kein König mehr.
avatar
27.11.2024 17:43


Hört sich genauso am wie bei Borgward.Überproduktion und Qualitätsprobleme.
Dann kommt einer wie damals BMW schnappt sich das beste weg und das wars.
Feierabend
avatar
Gast
28.11.2024 06:50


Wer hatte noch mal 11 Milionen Coronahilfe bekommen und sich gleichzeitig 7 Milionen Dividende ausgezahlt?🤔🤔🤔 Er will sicherlich noch mehr Steuergelder als Bonus, und Seine Angestellten und der algemeine Steuerzahler soll seinen Heißhunger auf Geld stopfen!
avatar
Gast
30.11.2024 17:37


Sehr schade. Nun sehen wir mal wie das Problem gehandhabt wird. Ich fahre meine 790 ADV sehr gerne. Alles ist Geschmackssache.