Modellpolitik und Fehlentwicklung bei KTM

Die KTM AG hat hohe Schulden, das ist mittlerweile keine Neuigkeit mehr. Doch nicht nur die jahrelange Überproduktion war ein zu hoher Kostenfaktor in Mattighofen. Ein Kommentar von Bernard M. Höhne.
Modellpolitik und Fehlentwicklung bei KTM
Modellpolitik und Fehlentwicklung bei KTM Im Jahr 2016 arbeitete KTM an einem Husqvarna Power-Cruiser, der auf der 1290 Super Duke basieren und mit der Ducati Diavel konkurrieren sollte. Obwohl das Modell von Stefan Pierer für das Jahr 2019 bestätigt wurde, ging es letztlich nie in Produktion
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17.01.2025
| Lesezeit ca. 5 Min.
BMH-Images, Supercarsallday, KTM
Neben dem Motorsport wurde auch viel Geld in Forschung und Entwicklung gesteckt. 200 Millionen Euro investierte man dafür zuletzt jährlich, für eine Firma in dieser Größe gilt dies als viel. Effizient eingesetzt wurden die Mittel dabei nicht immer, Verzögerungen und Fehlplanungen waren bei den Österreichern eine Konstante in den letzten Jahren.

Zahlreiche Projekte zugleich verlangsamten die Entwicklung

Die Arbeit an der jüngst präsentierten 1390 Super Duke GT beispielsweise wurde vor über fünf Jahren begonnen. Auch wenn man Verzögerungen durch die Covid-Pandemie bedenkt, ist dies eine Ewigkeit in der Motorradbranche. Dies ist in Teilen strukturell bedingt: Konzeptionierung, Vorentwicklung und Designprozess fanden für KTM, Husqvarna und GasGas bei der im Pierer-Konzern integrierten Kiska GmbH nahe Salzburg statt. Die Entwicklung der finalen Produkte musste die nun ebenfalls insolvente Entwicklungsabteilung in Mattighofen umsetzen, wo ein Team häufig gleich mehrere Modelle zur Serienreife bringen muss. Die Firma Kiska, die in der Branche als teuer gilt, ist bislang selbst noch nicht zahlungsunfähig. Viele geplante Projekte wurden auf diese Weise gleichzeitig in Angriff genommen, häufig umgeworfen und banden so Ressourcen.
Super Duke Basis
In den zurückliegenden Jahren arbeitete KTM an mehreren Supermoto-Projekten mit Reihenzweizylindermotoren. 2019 wurden frühe Prototypen fotografiert, in 2021 ein weiteres Projekt und 2024 der jüngste Versuch eines Modells für das Segment. Dieser wurde 2022 von Stefan Pierer als "demnächst verfügbar" angekündigt und sollte das GasGas-Modellangebot ausweiten. Jüngsten Planungen nach wäre das Modell 2026 serienreif gewesen

Prototypen ohne Marktreife

In der Vergangenheit wurden zahlreiche Modelle immer wieder nicht nur konzipiert, sondern bereits weit entwickelt, nur um wieder ad acta gelegt zu werden. Oft auch, um erst viel später wieder aufgegriffen zu werden. In den vergangenen Jahren waren beispielsweise mehrere KTM-Supermotos auf 790 Duke-Basis weit gediehen. Auf den Markt kam bislang keine davon. Gleiches gilt für einen Sporttourer auf 890 Duke-Basis. Fahrende Prototypen wurden bei Testfahrten in fortgeschrittenem Teststadium beobachtet und verschwanden wieder in der Versenkung, ebenso wie ein Husqvarna Cruiser auf Super Duke-Basis. Dieser hätte auf Kunden der Ducati Diavel abgezielt und wurde 2015 von Konzernchef Stefan Pierer für 2019 angekündigt.

Elektromobilität: Große Pläne, wenig Umsetzung

Husqvarna Vektorr
Im Jahr 2021 präsentierte KTM den Husqvarna Vektorr, einen Elektroroller auf Basis des Bajaj Chetak. Das Modell wurde erprobt, aber ging nie in Produktion
Auch für die Marke GasGas wurden in der Zwischenzeit mehrere Modelle angekündigt: Zuletzt im Jahr 2022, als der „Oanser“ in einem Interview mit Journalist Alan Cathcart schon kurzfristig verfügbare Zweizylinder für die spanische Marke in Aussicht stellte. Nach letztem Stand aus Mattighofen hätten diese jedoch noch bis ins Jahr 2026 auf sich warten lassen. Auch beim Thema urbane E-Mobilität das gleiche Spiel: Für das Jahr 2017 wurde von Stefan Pierer erstmals eine elektrisch angetriebene KTM Duke im A2-Bereich angekündigt. In die Schauräume der Händler kam diese damals ebenso wenig, wie die als seriennahes Concept Bike gezeigte Husqvarna E-Pilen, eine als technisch identisch geplante KTM E-Duke oder ein Elektroscooter mit Namen Husqvarna Vektorr. Alle diese Modelle wurden im Rahmen von gezielten Presseveröffentlichungen, Firmenprospekten oder zumindest Concept Bikes im Laufe der letzten Jahre angekündigt. Auf den Markt kam bis heute keines davon. Wie viele Mittel dabei umsonst investiert wurden, lässt sich nur mutmaßen.
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Fokus auf Mittelklassemodelle

Um weiter expandieren zu können, wurde besonderes Augenmerk auf stückzahlträchtige Segmente gelegt. Im Mittelklassebereich sollte es mittelfristig ganze vier Modellfamilien geben, von 450 bis 950 Kubikzentimeter Hubraum. Als wichtig, besonders für wachsende Märkte in Schwellenländern, gilt dabei die Einsteigerkategorie: Lange vor Beginn der Covid-Pandemie berichteten KTM-Insider, dass man in Mattighofen an einem Reihentwin für dieses Segment tüfteln würde. Zahlreiche Konzepte wurden erarbeitet und wieder verworfen, von Ableitungen des damals gerade frisch entwickelten LC8c bis zu einer kompletten Neuentwicklung.

Später wurde der indische Partner Bajaj ins Boot geholt, die Modellfamilie mit zahlreichen KTM- und Husqvarna-Ablegern im Rahmen der für Aktionäre gedachten Firmenpräsentationen bereits im Jahr 2018 angekündigt. Noch im Sommer 2020, kurz nach Ausbruch der Covid-Pandemie, berichtete KTM-Boss Pierer in einem Interview mit der französischen „Le Repair des Motards“, dass die Entwicklung der Modelle priorisiert wurde. Doch zum angedachten Marktstart im Jahr 2022 kam es nie.

Kooperation mit CFMoto und geplante 450er-Baureihe

450-er Prototyp CFMoto
Ein Prototyp eines von CFMoto abgeleiteten KTM-Zweizylinder-Sportmotorrads. Es basiert auf CFMotos 450 SR S, ist aber mit einer Verkleidung, die an die KTMS 990 RC R erinnert, und mit einem WP-Fahrwerk ausgestattet ist
Stattdessen stoppte man die weit fortgeschrittenen Arbeiten und schwenkte auf eine bereits bestehende Plattform von Anteilseignern von CFMoto um. Auf Basis deren 450-Baureihe war eine KTM-Modellfamilie angedacht, die in China entwickelt, produziert worden und 2026 serienreif gewesen wäre. Prototypen eines Naked- und eines Sportbikes wurden im bereits fortgeschrittenen Entwicklungsstadium gesichtet. Sollte der Sanierungsprozess in Mattighofen nach Plan verlaufen, dann könnte diese Strategie nach wie vor Bestand haben, schließlich ist inzwischen verbrieft, dass CFMoto plant, seinen Einfluss in Mattighofen auszubauen. Doch dazwischen wurden Jahre vergeudet. Inzwischen haben auch andere europäische Hersteller das Segment ins Auge gefasst: Hauptkonkurrent BMW wird bereits Ende 2025 das erste serienreife Modell seiner 450er-Baureihe präsentieren.
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Renditestarke Nischenmodelle als neue Strategie

Zuletzt fand aber offenbar bereits ein Umdenken statt: Modelle in renditeträchtigen Nischen auf bestehenden Plattformen, die schnell und unkompliziert umgesetzt werden konnten, wurden immer wichtiger. Die Brabus-Modelle auf Super Duke-Basis, die RC 8C und die Super Duke RR sind Beispiele dafür. Sie richteten sich allesamt an eine zahlungskräftige Kundschaft. Sollten sich die Investoren schnelle Erfolge wünschen, dann könnte dies die Chancen für die Fortführung der Entwicklung von 1390 SMT, 1390 Rally und 690 Rally erhöhen, auch wenn dies bislang noch Spekulation ist. Besagte Modelle waren zuletzt allesamt nicht mehr weit von der Produktionsreife entfernt und versprechen ebenfalls hohe Margen bei geringem Aufwand. Endgültige Aussagen dazu lassen sich jedoch weiterhin nicht treffen, schließlich werden die Geldgeber auf absehbare Zeit ein gehöriges Wörtchen bei KTM mitzureden haben.

Es bedarf mehr Effizienz anstatt Personalabbau

Um die österreichische Marke wieder auf Kurs zu bringen, wird es neue Strukturen brauchen. Und damit ist nicht die Verkleinerung der Belegschaft gemeint, sondern der effizientere Einsatz dieser.

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Kommentare (2)
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Max
03.02.2025 23:58


Dass KTM öfters den Sprung ins kalte Wasser wagt, aber ohne Schwimmflügel, ist ein offenes Geheimnis. 
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Rudi
26.01.2025 11:42


Effizienz scheint in Österreich ein Fremdwort zu sein.