10 Jahre Can-Am Spyder – drei Räder, die die Welt bedeuten

Der Can-Am Spyder feiert 10-jähriges Jubiläum. Am BRP-Stammsitz im beschaulichen Valcourt in Kanada huldigten ihm 3.000 Fahrer aus aller Welt.
10 Jahre Can-Am Spyder – drei Räder, die die Welt bedeuten 3.000 Spyder-Fahrer folgten dem Ruf von Firmenchef José Boisjoli nach Valcourt (Québec)
10 Jahre Can-Am Spyder – drei Räder, die die Welt bedeuten Jubiläumsmodell Can-Am Spyder F3-S 10th Anniversary Edition
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20.03.2018
| Lesezeit ca. 5 Min.
Brian Mannig/BRP
Die Beziehung zwischen Mensch und Fortbewegungsmaschine ist bekanntlich eine ganz Besondere. Viele Männer lieben ihr Auto mehr als ihre Frau, wissen Stammtischweise. Fast jeder Dritte gibt seinem Fahrzeug einen Namen, redet mit ihm wie mit einem Blutsbruder und Gefährten im Geiste. Motorräder werden gehegt, gepflegt, gehätschelt. Selbst Traktoren und ­Landmaschinen erscheinen manchen Zeitgenossen anbetungswürdig in ihrer stählernen Unverwüstlichkeit und ehrwürdigen, die Jahrzehnte überdauernden Arbeitskraft.
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Und mittendrin, im Epizentrum dieses Kosmos aus Liebe zum Blech, inmitten all dieser Hingabe zu den Vehikeln, die ihren Besitzern Freiheit und Stolz, Lebensinhalt und Vergnügen schenken, da strahlt der Can-Am Spyder aus seinen Scheinwerferäuglein. Keck und freundlich wie ein Lurch.

Drei Räder, die die Welt bedeuten

Can-Am Spyders so weit das Auge reicht
3.000 Spyder-Fahrer folgten dem Ruf von Firmenchef José Boisjoli nach Valcourt (Québec)
Zehn Jahre ist es jetzt her, dass er im beschaulichen Valcourt, 85 Autominuten von Montreal entfernt, offiziell in Serie ging. Mehr als 100.000 Exemplaren ist seitdem das Glück vergönnt, die seligsten Fahrer unter der Sonne zu befördern. In aller Welt. Genau genommen in den 112 Ländern, in denen der Spyder vermarktet wird – nein, wo er adoptiert werden kann, das trifft es wohl eher.
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Einen Spyder fährt oder besitzt man nicht einfach nur. Man nimmt ihn an. In der Regel in der zweiten Hälfte seines Lebens. Dann, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Die ersten ein zwei Lebensversicherungen ausgezahlt wurden. Und der Sinn des Lebens langsam ein anderer wird, frei von Pflichten und Verpflichtungen.
„Was sollen wir zu Hause“, sagt Heather mehr, als dass sie fragt. „Wir wollen die Zeit genießen, die uns noch bleibt. Wo auch immer. Irgendwo da draußen.“ Hauptsache on the road, Hauptsache unterwegs. 67 Jahre ist sie alt, ihr Mann Harvey auch. Aus Illinois stammen die beiden. Früher fuhren sie Motorrad. Harley-Davidson, sie hintendrauf, was sonst. Aber das ist ihnen jetzt zu beschwerlich. Und ja, auch zu gefährlich. „Wenn das Ding umfällt, das kriegen wir doch nie wieder hoch“, lacht sie.

Biker im Geiste

Can-Am-Besitzer aus Japan
Can-Am-Besitzer aus Japan
Ihr Can-Am Spyder kann nicht umfallen. Er hat drei Räder. Zwei vorn, so weit auseinander wie bei einem Smart, und eins hinten, so breit wie eine gefällte Eiche. Zum Aufsteigen muss der Fahrer nicht seine hüftsteife Mitte quälen und irgendwie das Bein auf die andere Seite werfen, über die unfassbar breite Sitzbank hinweg. Nein, man besteigt einen Spyder würdevoll wie einen Thron, je nach Modell und Geschmack über Trittbretter oder armdicke Fußrasten. Das kann jeder. Selbst wenn er 130 kg oder mehr wiegt. Auch das mag Teil der Verehrung sein. Bombardier Recreational Products – kurz BRP – hat seine Jünger nach Valcourt geladen. Das macht der Konzern durchaus regelmäßig zu Ausfahrten und „Chapter“-Treffen; die Club-Szene ist gewaltig. Aber dieses Mal ist es etwas anderes. Nicht nur, weil es wie aus Kübeln gießt. Stundenlang. Dieses Mal hat es etwas von einer Wallfahrt. 3.000 Spyder-Fahrer folgten dem Ruf von Firmenchef José Boisjoli, den sie hier verehren wie sonst wohl nur die Apple-Gemeinde Steve Jobs.
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3.000 – damit hat sich die örtliche Population des Örtchens in der Provinz Québec mal eben mehr als verdoppelt. 2.349 Seelen leben hier, weiß Wikipedia. Die Zahl stammt aus dem Jahr 2011. Vermutlich sind es inzwischen weniger: Viele der Hochparterre-Holzhäuser in der Gegend wirken verlassen. Außer BRP ist hier eigentlich nichts. Aber wer da arbeitet, muss sich vermutlich keine Sorgen machen. 300 Millionen Dollar Umsatz meldet das Unternehmen fürs vergangene Geschäftsjahr. Erwirtschaftet mit dem Spyder, mit Can-Am ATVs und Side-by-Side Vehicles, mit Jetbooten (Sea-Doo, Evinrude) und Motorschlitten (Ski-Doo, Lynx). Fahrspaß zu Land, zu Wasser und im Schnee. Das geht immer.

Drei Zylinder für ein Halleluja

Jubiläumsmodell Can-Am Spyder F3-S 10th Anniversary Edition
Jubiläumsmodell Can-Am Spyder F3-S 10th Anniversary Edition
Angetrieben wird der Can-Am Spyder von einem Dreizylinder-Rotax-Motor mit 115 PS. Das Schalten übernimmt in der Regel eine sequenzielle 6-Gang-Halbautomatik. Bei 18.899,-- Euro geht der Spaß los. Dafür gibt es den schnittigen F3, quasi die „Naked“-Variante des Spyder. Kleines Windschild, Gepäckfach vorn in der Schnauze, schnittig wie eine Kreuzung aus Porsche Boxster und Triumph Rocket. Von null auf 100 km/h beschleunigt er wie ein Porsche 911 in 4,8 Sekunden. Cruiser-Fans greifen zum F3-T mit Seitenkoffern im Bagger-Style (ab 25.299,-- Euro) oder zum F3 Limited mit zusätzlichem Topcase. Topmodell ist der Spyder RT Limited mit riesigem Windschild, sechs Lautsprechern und insgesamt 155 Litern Stauraum. Alle drei konnten kurzzeitig als „10th anniversary“-Editionsmodell geordert werden. In schwarzmetallic mit güldenem Zierrat.
Der RT ist vor allem in den USA und Kanada beliebt. Beim „Homecoming Event“ in Valcourt fährt gefühlt jeder zweite mit dem Flaggschiff vor – in den buntesten Farben, gern mit Anhänger und fast immer mit Vollausstattung und individualisiert. „Unsere Kunden geben mehr Geld für ihren Spyder aus, als wir erwartet haben“, sagt selbst CEO Boisjoli. Und, was ihn besonders stolz macht: „Sie haben eine sehr enge Bindung ans Produkt. Bessere Markenbotschafter kann man sich nicht wünschen.“ Bestenfalls jüngere: Das Durchschnittsalter der solventen Käufer in Nordamerika liegt bei über 60 Jahren.

Hoher Frauenanteil in den USA

Werksführung mit Spyder Besitzern in der Fabrik
Werksführung mit Spyder Besitzern in der Fabrik
In Europa kann sich auch die Generation 40+ für den Spyder begeistern: Die F3-Käufer beispielsweise sind hierzulande in der Regel 45 bis 50 Jahre alt, der Durchschnittskäufer ist 53 Jahre. Fast jeder dritte US-Kunde ist weiblich. Damit ist der Frauenanteil dort dreimal so hoch wie bei Motorrädern in Deutschland. „Frauen werden von Beifahrern zu Fahrern“, weiß Josée Perreault, Senior Vice President Spyder – und selbst begeisterte Fahrerin.
Ihr größtes Dilemma: „Wir haben fast überall unterschiedliche Führerschein-Voraussetzungen, es ist zum Verzweifeln.“ Mal reicht wie in Deutschland und Österreich der normale Autoführerschein (Mindestalter Fahrer: 21 Jahre). In einigen US-Staaten muss man einen Motorradführerschein haben, in anderen eine spezielle Dreirad-Zusatzprüfung ablegen. „Wenn das weltweit einheitlich wäre und alle Autofahrer einen Spyder fahren dürften ...“ Man sieht ihr an: Dann, ja dann, könnten und würden sie es auch tun. Bestimmt. Und Valcourt würde beim nächsten Mal aus allen Nähten platzen.
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