KTM: Produktionsstopp & Kapitalerhöhung bei Pierer Mobility verschoben

KTM stoppt erneut die Produktion – Kapitalerhöhung bei Pierer Mobility verzögert sich. Lieferprobleme und Investorensuche sorgen für Turbulenzen.
24.04.2025
| Lesezeit ca. 4 Min.
Heiko Mandl

Fertigungsstopp nach kurzem Neustart

Erst Mitte März war die Produktion am KTM-Stammwerk in Mattighofen nach dreimonatiger Pause neu gestartet worden, nun stoppen die Oberösterreicher ihre Fertigung abermals – voraussichtlich für weitere drei Monate. Schwierigkeiten beim Hochfahren der Fertigung waren durchaus erwartet worden. Demzufolge waren kürzlich die dreiwöchigen Werksferien von August auf Juli vorgezogen worden, auch um die Logistik der Fertigung anzupassen. Der erneute Fertigungsstopp kommt jedoch überraschend.

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Lohneinbußen, Kurzarbeit und Lieferengpässe

Erst Ende März, zwei Wochen nach dem Produktionsneustart, war eine innerbetriebliche Kurzarbeiterregelung ausgelaufen. Seither wurden Produktions- und Personalpläne beim Motorradbauer teils täglich angepasst, um die unstete Zustellung mit Bauteilen auszugleichen. Aus dem Umfeld der Innviertler war zu erfahren, dass Zulieferer durch zu kurze Vorlaufzeiten bei der Planung Lieferfristen nicht einhalten konnten. Das Problem sei dabei nicht, dass die Zulieferbetriebe nicht liefern wollen, sondern durch logistische Probleme nicht in der Lage gewesen seien. Genau die dadurch verzögerte und teils ausbleibende Belieferung ist es nun offenbar, die den neuerlichen Produktionsstopp nötig macht. Die Lagerbestände reichten lediglich für die Fertigung von 4.200 Motorrädern. Wie bei der Produktionspause im Winter tritt auch jetzt eine vergleichbare Betriebsvereinbarung in Kraft. Im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Juli stellt das Unternehmen abermals auf eine 30-Stunden-Woche um, samt entsprechenden Lohneinbußen für die Beschäftigten. Dies teilte KTM-CEO Gottfried Neumeister den Beschäftigten per Videomitteilung mit.

Kapitalbeschaffung unter Zeitdruck

Der Prozess für die für KTM nötige Fremdkapitalbeschaffung gestaltet sich unterdessen ebenfalls schwieriger als geplant. Bis zum 23. Mai muss KTM knapp 600 Millionen Euro auf ein Treuhandkonto seines Insolvenzverwalters überweisen, um die gesetzliche Sanierungsquote zu erfüllen und seinen Gläubigern zumindest 30 % der ihnen zustehenden Summen auszuzahlen. Gleichzeitig hat KTMs Muttergesellschaft Pierer Mobility infolge des verlustreichen Jahres 2024 die Hälfte seines Grundkapitals verloren, was eine Ansetzung einer außerordentlichen Hauptversammlung am 25.04.2025 nötig machte. In dieser Hauptversammlung sollte über eine Kapitalerhöhung abgestimmt werden, auch um die Voraussetzungen für den nötigen Einstieg von Investoren zu schaffen, die die Finanzierung der Sanierungsquote stemmen sollen.

Kapitalerhöhung erneut verschoben

Durch Verzögerungen bei der Suche nach eben jenen Investoren wurde aber zumindest die gerade angekündigte Kapitalerhöhung zunächst wieder verschoben. Das gab Pierer Mobility Anfang dieser Woche in einer Ad-Hoc-Meldung bekannt. Peter Vogl, Insolvenzverwalter der KTM AG, hatte bei der Sanierungsplantagsatzung in Ried Ende Februar geäußert, dass, falls alles nach Plan verlaufe, der Investorenprozess Ende April abgeschlossen sein könnte. So war die geplante Kapitalerhöhung auch als Grundlage für den benötigten Investoreneinstieg erwartet worden. Stattdessen sei Pierer Mobility nun zwar in der „Finalisierungsphase“ mit Eigen- und Fremdkapitalinvestoren, die „vorgeschlagenen Kapitalmaßnahmen könnten jedoch nicht unter den vorgeschlagenen Konditionen und innerhalb des vorgeschlagenen Zeitrahmens umgesetzt werden.“ Kurz: Die Gesellschaft benötigt mehr Zeit für Verhandlungen. Angesichts dessen wird auch die Veröffentlichung des Jahresergebnisses der Pierer Mobility verschoben, denn auch dafür braucht es verbindliche Zusagen von Geldgebern. Zusätzliche vorläufige Finanzkennzahlen solle es dennoch bis Ende April geben, so die Ad-Hoc-Mitteilung.

Erste Tranche kam knapp vor Frist

Positive Signale gebe es dennoch. Das österreichische Nachrichtenmedium „OÖNachrichten“ zitiert KTM-Insolvenzverwalter Vogl am Mittwoch damit, dass er von einer fristgerechten Begleichung der Sanierungsquote ausgehe: „Ich bin optimistisch.“ Es sei im Laufe des Verfahrens schon mehrmals vorgekommen, dass Geld erst kurz vor der unbedingten Notwendigkeit überwiesen worden sei. Dies war beispielsweise bei der ersten Tranche der Anlauffinanzierung durch Bajaj Auto der Fall, die weniger als 48 Stunden vor der Sanierungsplantagsatzung auf Vogls Treuhandkonto einging. Mit dieser war Pierer Mobility-Hauptanteilseigner Bajaj Auto in Vorleistung gegangen und hatte mit Darlehen von insgesamt 200 Millionen Euro den laufenden Betrieb bei KTM finanziert. Diese Darlehen sollten einen Teil der ursprünglich geplanten Kapitalerhöhung als Eigenkapital abdecken. Durch die Verschiebung dieser Kapitalerhöhung wurde die außerordentliche Hauptversammlung inhaltlich ausgehöhlt. Schließlich war sie zu ebendiesem Zweck überhaupt erst einberufen worden.

Weitere Geldgeber noch unklar

Welche Geldgeber genau den Fremdkapitalbedarf bei KTM finanzieren sollen und mit wem derzeit verhandelt wird, ist dabei weiterhin unklar. In österreichischen Medien wird weiterhin Bombardier Recreational Products als Interessent gehandelt, die Muttergesellschaft des Motorenherstellers Rotax. Auch Stephan Zöchling, Aufsichtsratsmitglied von Pierer Mobility und CEO von Auspuff-Lieferant Remus, brachte sich in der Vergangenheit mehrfach ins Gespräch, mutmaßlich in Verbindung mit weiteren Geldgebern. Anteile an KTM-Mutter Pierer Mobility hält auch CFMoto. Eine auf Basis einer Motorenplattform der Chinesen erdachte Modellfamilie mit 450 ccm Hubraum messenden Reihenzweizylindern befindet sich nach wie vor in der Entwicklung in Mattighofen. Den Vertrieb der Chinesen in Europa gibt KTM aber zum 1. Juni auf.


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