Die Freiheit auf motorisierten Zweirädern begeistert immer mehr Menschen in Deutschland. Bis Ende Oktober 2019 registrierte das Kraftfahrt-Bundesamt 158.024 Neuzulassungen. Das sind sieben Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Motorräder über 125 ccm haben um 4,5 Prozent zugelegt auf 108.404 Einheiten, das Plus bei den Kraftrollern beträgt sogar 20,6 Prozent, macht 15.964 Scooter mit nennenswertem Hubraum in zehn Monaten.
Ein spannendes Segment – speziell für Autofahrer, die übers Umsteigen nachdenken – bleibt die untere Mittelklasse. Maschinen mit maximal 48 PS (35 kW), mithin die sogenannte A2-Klasse, überschaubar in der Leistung, günstig in Versicherung und Unterhalt. Die Modellauswahl ist riesig: Von gedrosselten „großen Maschinen“ der Volumenhersteller bis hin zu den Spitzenmodellen weniger bekannter Marken ist alles dabei. Stellt sich die Frage: Welche nehmen?
Die nächste Kurve immer im Blick: Der drehfreudige Einzylinder der leichten F.B Mondial HPS 300i macht Laune.
Deutliche Preisunterschiede
Drei klassische Vertreter dieses Segments haben wir unter die Lupe genommen. Angetreten zum Konzeptvergleich: der extrovertierte Roadster F.B Mondial HPS 300i ABS mit 23 PS, der umfallsichere dreirädrige Roller Quadro QV3 mit 29 PS und der sportlich-smarte Maxi-Scooter Kymco Xciting S 400i mit 36 PS. Alle drei sind mit einem flüssigkeitsgekühlten Einzylindermotor bestückt. Die 300er Mondial schummelt dabei etwas: Ihr Viertaktmotor mit 23 Nm hat nur 250 ccm. Der QV3 holt seine 32 Nm aus 350 ccm, der Xciting schöpft seine 38 Nm wie namentlich ausgewiesen aus 400 ccm.
Das Teil fällt auf: Der Quadro QV3 hat eine breite Front. Die beiden Vorderräder verleihen Sicherheit.
Fahrspaß hoch drei
Preislich decken die drei eine ziemlich weite Range ab: Die 149 Kilogramm leichte Mondial gibt es ab 4.195,-- Euro, der Kymco-Scooter verlässt für 6.680,-- Euro das Lager, Quadro möchte mit 7.595,-- Euro entlohnt werden. Das ist annähernd das Doppelte des Mondial-Kurses. Lohnt sich das? Für Menschen ohne Motorradführerschein schon: Der QV3 darf in Deutschland wie sein vierrädriger großer Bruder Qooder mit Autoführerschein (Klasse B, Fahrer mindestens 21 Jahre alt) gefahren werden. Die Kosten für eine Motorradlizenz können sich Interessierte also sparen.
Fahrspaß garantiert: Der Kymco Xciting S 400i ist die dynamischste Maschine in diesem Dreier-Vergleich Erfahrene Scooter-Fahrer sind mit dem Kymco Xciting S 400i sehr viel besser beraten. Er ist deutlich spritziger unterwegs als der Quadro QV3. Und er verfügt über die mit Abstand beste Ausstattung in diesem Konzeptvergleich. LED-Tagfahrlicht, App-gesteuerte Noodoe-Navigation übers Roller-Display, personalisierbare Anzeigen, fünffach verstellbarer Windschild – das ist top in diesem Segment. Fahrdynamisch entscheidet der 400er-Xciting diesen Dreier-Vergleich klar für sich. An der Ampel lässt er QV3 und HPS 300i meilenweit hinter sich. Die stufenlose Variomatik macht ihn zu einem echten Spaßgaranten. Gas geben und ab durch die Mitte ist die Devise. Leichtfüßig und rasant wie bei einem E-Roller. Die Höchstgeschwindigkeit liegt laut Tacho bei 152 km/h. Offiziell sind es 140 km/h. Derartige Geschwindigkeitsregionen erreichen QV3- und HPS-Fahrer nicht: Der dreirädrige Roller regelt bei 125 km/h ab, die große Mondial rackert offiziell bis 120 km/h, dann ist definitiv Schluss. Langstrecken erfordern hier ein gerüttelt Maß an Durchhaltewillen. Auch, weil der Kniewinkel der HPS recht ambitioniert gewählt ist.
Stollenprofil, Einsitzerlook: Die HPS 300i spielt mit Scrambler-Elementen
Großer Auftritt garantiert
Dafür garantiert einem die F.B Mondial HPS 300i ABS die höchste Aufmerksamkeit. Der zarte Roadster ist eine Kreuzung aus Naked-Bike und Scrambler. Hochgelegter Auspuff mit stylischen Doppelrohr-Lochblenden, Enduro-Stollenreifen, schwarzer Tank in matt und glänzend, verstellbare Twin-Shock-Stoßdämpfer, rundes Instrument, verchromte Lenkerendenspiegel. Alles stimmig und stylisch.
Platz für zwei Helme: Riesen-Staufach im Quadro QV3 Der originelle Lenker rundet den stilsicheren Mix ab: Er sieht aus, als hätte ein Eisenbieger eine schwarze Hantelstange behutsam in Form gebracht. Alternativ hat F.B Mondial die Lackfarbe Silber ins Programm genommen. Und für 2020 eine verkleidete Variante namens Sport Classic. Mit Café-Racer-Stummellenker, Halbschale und Motorverkleidung rundet sie das HPS-Modellprogramm in der 300er- und 125er-Klasse ab.
Das Sechsgang-Getriebe wirkt ob der Leistung fast etwas überkandidelt; fünf Gänge hätten es bei den übersichtlichen 23 PS sicher auch getan. Mit ein bisschen Übung ist der ideale Schaltpunkt schnell gefunden. Im Stadtverkehr schwimmt die HPS munter mit, ab 80 km/h wird es etwas zäh. Aber egal: Die 300er fühlt sich gut an. Und fällt auf. Daumen hoch ist häufigste Reaktion der Passanten, denen die Mondial ins Auge sticht.
Zwei Federbeine hinten: Der Xciting S 400i federt klassisch
Motorradfahren für Autofahrer
Der Quadro QV3 fällt in puncto Lässigkeit und Dynamik etwas ab gegen die beiden Mitstreiter, dabei hat er durchaus einiges zu bieten. Auffälliges LED-Positionslicht, rüstungsartige, schnittige Verkleidung, dazu die sehr technisch und hochwertig anmutende Vorderachse mit hydro-pneumatischer Neigungsfederung.
Das HTS (Hydraulic Tilting System) getaufte Dämpfersystem sorgt für eine präzise und stabile Lenkung. Selbst bei schlechtem Straßenbelag haben beide Räder konstant Bodenkontakt. Ein Wegrutschen übers (doppelte) Vorderrad wie bei klassischen Bikes ist quasi zu 100 Prozent ausgeschlossen.
Puristisch: Einzelinstrument der F.B Mondial Mit seinen beiden Vorderrädern und der damit verbundenen „Anti-Umfall-Garantie“ spricht er eine spezielle Klientel an: Er ist das Motorrad für Autofahrer. Oder genauer: der Maxi-Roller für Nichtmotorradführerscheininhaber. Der QV3 macht das Biken auch für diejenigen interessant, die sich nicht so recht rantrauen an die Materie. Die vielleicht den Führerscheinaufwand für Klasse A scheuen. Oder denen Einspurmobilität im tiefsten Inneren doch nicht – oder nicht mehr – ganz geheuer ist.
Wie im Auto: Dashboard des QV3
Stauraum wie ein Einkaufswagen
Auf dem QV3 sind all diese Zweirad-Aspiranten bestens aufgehoben. Gebremst wird wie beim Auto über ein zentrales Fußpedal, das auf Hinter- und Vorderradbremse wirkt. Dazu gibt es Hinter- und Vorderradbremshebel, wie es sich für „Motorräder“ gehört. Auch der wirkt aufs integrale Bremssystem an allen drei Rädern.
Unter der Sitzbank bietet der QV3 üppig Platz für zwei Helme. Mindestens einer davon kann ein Integralhelm sein.
Je nach Modell und Größe passen auch zwei davon unter das breite Gestühl. Hinzu kommen zwei Stauräume in der Verkleidung, einer davon mit USB-Anschluss. Als Parkbremse und Arretierung fürs HTS dient ein uriger Sperrhebel, den man ganz analog nach unten umklappt.
Smartphone-Connection: Noodoe-App von Kymco Der Kymco Xciting löst das Parken bzw. Sichern gegen Wegrollen dezenter: Links am Lenker befindet sich ein schmales Hebelchen, das man umlegen kann. Die Sitzbank entriegelt auf Tastendruck. Beim QV3 erledigt ein Dreh am Zündschlüssel diese Aufgabe. In puncto Stauraum zieht der Xciting S 400i den Kürzeren: Neben einem Integralhelm finden hier kleinere Teile oder ein paar Einkäufe Platz unter der lang gestreckten Sitzbank; Platz für zwei Helme ist allerdings nicht. Ladeschlusslicht ist naturgemäß die F.B Mondial HPS 300i: Hier muss ein Rucksack ran, soll etwas Größeres mitgenommen werden. Optional gibt es einen kleinen Gepäckträger.
Da geht was: Auf der Landstraße spielen die drei Spaßmobile ihre Stärken aus.
Fazit
Drei Konzepte, jedes hat seinen Charme. Die F.B Mondial HPS 300i punktet mit ihrem günstigen Preis und dem gelungenen Design. Der Quadro QV3 ist ein Einkaufswagen auf Speed, der auch Nichtmotorradfahrer zum Biker macht. Der Kymco Xciting S 400i ist ein dynamisches Pendler-Vehikel mit großem Spaßfaktor. Und in diesem Vergleich die beste Wahl.